Erst Tage nach dem Artikel in der Hürriyet Daily News über die Klopapier-Fatwa kommt bei mir das große Aha-Erlebnis: Da machte ich auf der einen Seite zwei Erfindungen – eine zum Falzen von Briefpapier und eine zur Verbesserung der Hygiene in Toiletten. Auf der anderen, der spirituellen Seite, setzte ich mich im Rahmen der theologischen Kurse intensiv mit den beiden monotheistischen Religionen, dem Christentum und dem Islam, auseinander. Zwei Religionen, zwei Erfindungen. Okay, und was ist das Besondere daran?
Zunächst die Brieffalzmaschine: Briefe haben etwas zu tun mit Kommunikation und mit Post. Der Begriff Post kommt zunächst von italienisch posta, der ursprünglichen Bezeichnung für die Wechselstationen des Postwesens (lateinisch posita: „festgelegt“). Weiter zurück, kommen wir im Griechischen und Aramäischen zum – Apostel, der Gesandte oder der Sendbote (griech.: ἀπόστολος/apóstolos bzw. aramäisch: saliah). Also nach Verständnis der christlichen Tradition jemand, der von Jesus Christus direkt als „Gesandter“ beauftragt wurde. Der Apostel Paulus gilt als Kirchengründer. In den christlichen Frühgemeinden galten Apostel (Sendboten) als „Prototypen“ gemeindlicher Amtsträger. Sie waren „zum Dienen bestellt, verkünden das Evangelium furchtlos nach außen und sorgten in der Gemeinde für die Überlieferung der unverfälschten Lehre.“
Dann der Toilettenpapierspender: „Die Reinheit ist die Hälfte des Glaubens.“ Wie in einem anderen Beitrag bereits ausgeführt, stammt dieser Satz direkt vom Propheten Muhammed. Treffend formulierte ein Teilnehmer in einem Internetforum die Bedeutung der Hygiene im Islam: „Unser Prophet sagt, dass die Hygiene aus der Religion kommt, also quasi wie die Freiheitsstatue zur USA gehört, gehört die Hygiene zum Islam. Sie besitzt höchste Priorität und beim Gebet muss man immer rein sein.“ Im Islam wird zwischen einer inneren und eine äußeren Reinheit unterschieden, wobei die äußere Reinheit die innere symbolisiert. Die rituelle Gebetswaschung ist eine vorgeschriebene Bedingung für ein gültiges Gebet. Derjenige, der die rituelle Gebetswaschung vornehmen will, soll von sich nach dem Verrichten der Notdurft alle unreinen Substanzen, wie Ausscheidung von Urin oder Exkrementen, entfernen. Dies führt man möglichst mit Wasser (Istenjaa) aus. Ist kein Wasser vorhanden, kann die Reinigung u.a. auch mit Wasser aufsaugenden Papieren erfolgen (Istejmar).
Zwei Erfindungen mit zwei direkten Bezügen zu wesentlichen Themen zweier Weltreligionen. Das sagt wahrscheinlich nichts aus, auffällig ist es dennoch.