1973-1978. Love & Peace & more

Der „Club“ wird bald Anreiz genug, um an den Wochenenden und in den Ferien Freunde und Freundinnen aus Graz und Wien mitzubringen. Dieser „Jugendaustausch“ steigert zusätzlich seine Attraktivität. Wobei die bis zu vierzig Leute auf zunächst nur 20m² sowie die kraftvolle Quadro-Anlage nicht immer unsere Hausgäste in der Frühstückspension begeistern.

Wir Daheimgebliebenen besuchen andererseits verstärkt unsere neuen Bekannten und die Großstadt. The Who, Pink Floyd, Leonard Cohen, später dann noch die Rolling Stones, Joan Baez, Bob Dylan – wir sind live dabei. Mit Love & Peace erreicht ein weiterer Trend den Club: Eine Shisha. Anscheinend wird damit nicht nur Erlaubtes geraucht, denn bald kommen Gendarmen und eine Vorladung der Kripo. Das Verhör ist für mich ein einschneidendes Erlebnis. Nach den Besuchen vieler Jugendbetreuer-Schulungen werde ich erstmals als Jugendarbeiter anerkannt, womit ich – im Hinblick auf eine weitere Arbeit mit Jugendlichen – die Aussagen über Herkunft und Verteilung der Drogen verweigern darf. Angesichts der drohenden Konsequenzen bekommen wir zumindest im Kellerlokal das Problem bald in den Griff. Zwei Freunde werden es letztendlich leider nicht schaffen.

1972. ERSTES AUTONOMES JUGENDZENTRUM IN DER STEIERMARK

Anfang 1970 lebten in der Region mehr als doppelt so viele Jugendliche als es 2014 sein werden – bei damals übrigens nur der Hälfte der heutigen Weltbevölkerung. Der Besuch einer weiterführenden Schule ist nicht die Regel. Diejenigen, denen es dennoch ermöglicht wird, siedeln vorwiegend nach Wien oder nach Graz. Mit ihnen kommen auch die neuesten Trends mit nur kurzer Verzögerung in der nördlichsten Gemeinde des „wilden Bergvolkes hinter dem Semmering“ (altes Lexikon aus der Zeit der Monarchie) an.

In diesem Jahr entsteht in meinem Freundeskreis der Wunsch nach einer Alternative zur Disco. Einer Location, wo wir ungestört tratschen können, nicht unbedingt etwas konsumieren müssen, unsere eigenen LPs abspielen und unter uns sein können. Ein Kellerraum in unserem Haus erweist sich dazu als geeignet. Die zentrale Lage, der freie Zugang im Haus, das WC in der Nähe, perfekt. Das Pult für den DJ, das zwei junge Tischler aus unserer Gruppe gestalten, hält einem Vergleich mit der örtlichen Disco leicht stand.

Club024

Unter dem Namen Club Downstairs 25 entfaltet der Treffpunkt bald ein Eigenleben. Während ich eine Etage höher im Laden meines Vaters Wurstsemmeln verkaufte, entwickelt sich in den Kellerräumen das wahrscheinlich erste autonome Jugendzentrum der Steiermark – wie vierzig Jahre später Carina Ebli und Patricia Townsley in ihrer Diplomarbeit an der UNI Graz beschreiben werden.

 

1971. Kein Programmierer

Mein Vater erkrankt schwer, weshalb ich meinen Job bei der Firma SPAR in Graz aufgebe und in die Heimat zurückkehre. Damit ist auch meine Teilnahme an einem EDV-Lehrgang in Graz beendet und mein Traum als Programmierer ausgeträumt. Fünf Jahre bevor der erste PC auf den Markt kommt und Apple und Microsoft gegründet werden.

Mein erstes Auto, eine Citroen Ente, ist ebenfalls der Meinung, dass ich künftig wieder in Mariazell bleiben sollte – mit ihren 14 PS bringt sie mich zwar von Graz nach Hause, für eine Rückfahrt über unsere Seite des Seebergs fehlt ihr jedoch die Kraft. Nach Wien gibt es kein Problem. Folglich änderte sich auch meine Ausrichtung vom Süden in den Osten, in die Bundeshauptstadt. Mariazell verbindet mit Wien traditionell eine lange Geschichte – sei es als „Magna Mater Austriae“ der Habsburger, als „Beichtstuhl der Wiener“, als Reichsheiligtum, als einer der bedeutendsten Sommerfrische-Orte oder als Wintersport-Pionierort. Mariazell war auch immer vorne mit dabei – ob mit einer der ersten Tankstellen in Österreich außerhalb von Wien oder den Jugendstilfassaden der Jahrhundertwendehäuser, oder mit den ersten Elektrolokomotiven Österreichs auf der Mariazellerbahn. Auch mit der Musik der 70er ist es nicht anders. Nur schreibt niemand mehr einen Song über Mariazell wie etwa Joseph Haydn mit der „Mariazeller Messe“. Dafür kommen andere „High-Lights“: Drogen …