2015-05. 3| MARIENVEREHRUNG

Es gilt aber ebenso zu vermitteln, dass „die Erdentochter auch Himmelsfrau ist und eine innere Verbundenheit mit ihr  dieses Leben in ein neues Licht stellt. Maria ist die ganz Nahe und dennoch unsagbar Andere. Als solche berührt sie das Herz des Menschen und lässt ihn an ihrer Seite ganz werden“.

Nach dem Buch Genesis 1-2 ist jeder Mensch ein Königskind Gottes und zutiefst zu einem Einssein mit ihm bestimmt. Jeder Mensch ist demnach auch ein „Ort Gottes“ in der Welt. Diese Einheit, dieses göttliche Konzept der Menschheit bricht im Garten Eden auseinander. In Maria wird dieses Einssein mit Gott wieder sichtbar. In ihr ist die Grundaussage des Menschen, das Handeln Gottes auf Erden, das einander Berühren von Himmel und Erde wieder spürbar. „Maria verkörpert nicht nur dieses geglückte Einssein, sondern erweckt vor allem auch die Sehnsucht danach“. In der nachbiblischen Marienverehrung der Jahrhunderte ist das Bild der Begegnung von Himmel und Erde immer wieder erkennbar. Durch Veränderungen im gesellschaftlichen Umfeld und in den theologischen Reflexionen wird dabei entweder die Erdentochter oder die Himmelsfrau in den Vordergrund gestellt.

So erhält etwa im Mittelalter, im Zusammenhang mit der scholastischen Theologie, die kaum mehr die Lebenswelt der Menschen erreicht, die Marienverehrung eine außerordentliche Rolle. Christus ist unerreichbar. Maria springt hier ein und steht den Menschen ganz konkret bei: „Maria hilft“. Gefördert wurde die Marienverehrung auch dadurch, dass das einfache Volk nach dieser Art der Frömmigkeit leben und sich ausdrücken konnte. Die lateinische Bibel und die Liturgie waren einem Großteil des Kirchenvolkes nicht verständlich. Aus dieser Zeit stammt beispielsweise auch das Wort Hokuspokus, das sich aus den unverständlichen Worten des Priesters bei der Wandlung ableitete: „Hoc est enim corpus meus.“ Die Marienverehrung dagegen hatte ihren „Sitz im Leben“.